Verkehrskontrollen und Cannabis

Wann darf mich die Polizei kontrollieren und einem Drogentest unterziehen?

  1. Aufgrund welcher rechtlichen Grundlage ist es der Polizei möglich, Lenker- und Fahrzeugkontrollen durchzuführen?
  2. Sind hierfür die Gründe anzugeben, insbesondere auf dem „blauen Laufzettel“ für die Amtsärzte?

Zur ersten Frage:

Die Berechtigung zur Durchführung einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle ist im § 97 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO) dargelegt. Demnach sind die Organe der Straßenaufsicht (Polizisten) berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- und Fahrzeugkontrollen anzuhalten. Art, Zeit und Dauer der angeordneten Verkehrsbeschränkungen sind in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten.

Die Organe der Straßenaufsicht sind ohne jede weitere Voraussetzung zur Durchführung einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle berechtigt. Dies wurde mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 28.04.1993 zur GZ 92/02/0344 festgehalten. Ein spezielles Anlassverhalten ist sohin unter Gesichtspunkten der Straßenverkehrsordnung heraus nicht gefordert.

In § 5 StVO ist geregelt, dass Fahrzeuge nicht gelenkt werden dürfen, wenn sich die Person unter dem Einfluss von Alkohol oder Suchtgift befindet und der Zustand beeinträchtigt ist. Bekanntlich gibt es keine Grenzwerte für THC oder HHC, sodass einer willkürlichen Entscheidung, wann eine Beeinflussung durch Cannabis (THC, HHC bzw. andere Cannabinoide) vorliegt, nicht objektiv nachvollzogen werden kann. In diesem Zusammenhang ist auch auf die aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach bereits ein Grenzwert von 0,5 ng THC im Blut zusammen mit einer Übermüdung die Entziehung der Lenkberechtigung rechtfertigen würde.

Im Paragraph 5 StVO wird weiters festgehalten, dass wenn vermutet werden kann, dass eine Beeinträchtigung durch Alkohol bzw. Suchtgift vorliegt, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung eine entsprechende Untersuchung vorgenommen werden kann.

Hinsichtlich der Vermutung, ob ein durch Suchtgift beeinträchtigter Zustand vorliegt, wird von der Judikatur nur eine entsprechend schlüssige und gute Begründung verlangt. Eine solche Begründung wäre zum Beispiel, dass die Person

  • eingestanden hat, bereits Suchtgift konsumiert zu haben,
  • angibt, in welchem Zeitraum sie dies getan hat,
  • ein allgemeines hektisches und aufgebrachtes Verhalten zeigt,
  • die Weigerung der Durchführung eines Drogenvortests erklärt,
  • spezifische Suchtgiftsymptome aufweist die den Verdacht auf Suchtgiftbeeinträchtigung begründen, wie z.B. gerötete Bindehäute oder Lichtstarre Pupillen.

Hierbei ist festzuhalten, dass das Vorliegen der Symptome ausreichend ist und keine tatsächliche Beeinträchtigung vorliegen muss, um eine Überprüfung durchführen zu können. Auch wenn argumentiert werden kann, dass eine verlangsamte Sprache auf eine Medikamenteneinnahme zurückzuführen ist, berechtigt dies dazu nicht, dass ein Drogenvortest verweigert werden kann.

Zur zweiten Frage:

Der Gesetzgeber sieht für die Untersuchung einer Person auf eine Beeinträchtigung durch Suchtgift keine bestimmte Vorgangsweise anhand bestimmter Unterlagen vor. Das „blaue Formular“ auch „ Drogen-Check-Formular“ oder offiziell „Formular Fahrtüchtigkeit“ genannt, dient lediglich zur Beurteilung dazu, ob eine Vorführung zum Arzt zulässig ist. Es reicht hierbei ein allgemeiner Verdacht auf eine Beeinträchtigung aus. Zur Begründung der Vermutung wird von den Polizisten das Fahrverhalten und das Verhalten bei der Anhaltung in der Regel zuerst anhand des Formulars Fahrtüchtigkeit beurteilt. Auch eine ungewöhnliche Unfallsituation oder Drogen-Utensilien im Fahrzeug können ein Hinweis auf eine Beeinträchtigung sein.

Zur Erkennbarkeit von Symptomen bei suchtgiftbeeinträchtigten Lenkern wird unter anderem auf folgende Verhaltensweisen bzw. Auffälligkeiten geachtet:

  • krass situationsangepasstes Verhalten
  • hastige Erregbarkeit
  • Schläfrigkeit
  • Angstzustände
  • Nichtgehorchen der Sinne
  • außergewöhnliche Schweißneigung
  • Unruhe und zittern
  • ungewöhnliche Benommenheit
  • gerötete Augenbindehäute
  • enge oder sehr weite und lichtstarre Pupille

Weiters können sich auch Suchtgiftbeeinträchtigungen ergeben, bei ungewöhnlichen und unerklärlichen Unfallsituationen, z.B. ungebremstes Auffahren oder Abkommen von der Straße. Die Polizei geht auch davon aus, wenn Gegenstände, welche in der Regel für den Suchtgiftkonsum benötigt werden, im Fahrzeug ersichtlich liegen, dass dies ebenfalls auf eine Beeinträchtigung hinweisen kann. Hier sind zu nennen:

  • Plastik-Einwegspritzen im Fahrzeug
  • berußte Löffel und Watte
  • abgerissene Zigarettenfilter
  • Bänder, Schnüre, Riemen, Gummischläuche und ähnliches zum abbinden der Venen
  • Kapseln oder Behältnisse mit unbekannten pulvrigen Substanzen etc.

In der Regel haben die einschreitenden Beamten den körperlichen Zustand und die sonstigen Merkmale die auf eine Suchtgiftbeeinträchtigung hinweisen, sehr ausführlich zu beschreiben. Dies wird damit begründet, dass diese Feststellungen die Voraussetzung für die Vorführung zum Amtsarzt, sowie für die Durchführung eines Ordnungsgemäßen Verfahrens und in weiterer Folge der Strafbarkeit, sein werden.

In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass die Dokumentation nicht immer die erforderliche Genauigkeit aufweist.

Zusammenfassung:

Zusammengefasst kann sohin festgehalten werden, dass für die Durchführung der Verkehrskontrolle keine besonderen Voraussetzungen vorliegen müssen. Für eine Überprüfung des Vorliegens einer Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtgift muss es sehr wohl einen Anlass geben, dieser kann jedoch rein in der Wahrnehmung des Einschreitenden Beamten liegen. Eine objektive Nachprüfbarkeit ist in diesem Stadium des Verfahrens noch nicht erforderlich. Erst mit der amtsärztlichen Untersuchung wird die Beeinträchtigung nachvollziehbar objektiviert. Das Formular Fahrtüchtigkeit hat in diesem Zusammenhang lediglich die Wirkung eines Hilfsmittels anhand dessen eine Dokumentation erstellt wird, welche im weiteren Verfahren verwendet wird. Es empfiehlt sich daher generell, dass wenn dieses Formular ausgefüllt wird, dass es nach Beendigung der Amtshandlung vom Betroffenen abfotografiert wird, um hier eine spätere Veränderung vorzubeugen.

Dies da manchmal eine Übermüdung im Nachhinein noch herauskommt, obwohl dies davor noch nicht erhoben oder angeführt war.